Jamaika_17

Montego Bay
Nachdem das Wochenende ausklang, war auch wieder an zeitigen Nachtschlaf zu denken: Die MoBay Strandtänzer und – feierer haben ihr Feuer bereits am Freitag und Samstag abgebrannt und somit war die lärmende Open-Air Disco zeitig aus.
Doch leider haben wir uns zu früh gefreut. Wie bereits geschrieben, liegen wir mit der Sunrise ja direkt gegenüber des Kreuzfahrer-Anlegers. Nachdem AIDAluna gestern Abend abgelegt hatte, begannen die Hafenarbeiter gegen 04:15h in der Früh mit Laubbläsern und lautstarken Diskussionen Dreck und Staub beiseite zu pusten und für den nächsten Kreuzfahrer den Boden zu richten – Kack-Idee!
Seit 06:30h liegt nun der 290m lange Kreuzfahrt-Riese Mein Schiff 4 gegenüber.
Ab heute Morgen konnten wir nun auch vom Ankerplatz an den Steg des Mobay Yacht Club verlegen. Das notwendige Manöver gestaltete sich als äußerst ätzend, mussten wir für das Festmachen an der sehr weit draußen im Hafenbecken liegenden Bug-Mooringboje doch insgesamt drei lange Festmacherleinen zusammenknoten und beim Zurückziehen des Bootes an den Steg langsam mitführen. Das ganze ohne Frühstück, da Walter die flaue Wind-Phase des Morgens ausnutzen wollte. Da fehlt bei Captain und Crew schon mal das richtige Timing und so bleibt das schwächste Glied in der Kette – der Pickhaken beim Saubermachen des eingeschmotzten Ankers – doch glatt auf der Strecke und bekam einen rechtwinkligen Knick. Hoppala, sorry Captain!

Sunrise an Steg und im Hintergrund das Hochhaus "Mein Schiff 4"

Sunrise am Steg und im Hintergrund das Hochhaus „Mein Schiff 4“

Für die ganz aufmerksamen Leser: Die Seereling an Backbord hat Walter mit viel Manpower und unter Zuhilfenahme des Hebelgesetzes provisorisch gerade gebogen.

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Warten war heute unser Tagesmotto.
Die Dame vom Marinabüro wollte uns heute um 9 Uhr über Funk anrufen, damit wir unsere Inbound-Einklarierung beim Zoll erledigen können. Da wir gestern erst nach 16 Uhr hier ankamen, war der Zoll nicht mehr besetzt. Also schalteten wir weisungsgemäß unsere Funke heute um 8:30 Uhr an und warteten. Warteten und warteten. Gegen 12 Uhr setzten sich Walter und Gerhard ins Dinghy und fuhren in den Yachtclub rüber. Die Dame hatte uns vergessen, rief aber sofort beim Zoll an und die Behördendame erschien innerhalb von einer halben Stunde. Die Einklarierungsprozedur hier in Jamaika ist völlig unlogisch, wir waren ja nur innerhalb Jamaikas unterwegs. Wir mussten in Port Antonio aus- und hier wieder einklarieren. Sind halt die Vorschriften hier, was soll´s. Die Zollbehördendame was not amused dass sie 3 Reisepässe und nur 2 Gesichter zu sehen bekam. Sie befürchtete wohl, dass Walter und Gerhard mich ausgesetzt hatten und hat den beiden einen gehörigen Einlauf verpasst. Sie will beim nächsten Mal alle Crewmitglieder zu Gesicht bekommen.
Warterunde Nummer Zwei begann. Wir sollten einen Liegeplatz am Steg bekommen, aber erst wenn unser künftiger Nachbar festliegt. Der künftige Nachbar kam nicht und so warteten wir bis kurz vor Sonnenuntergang. Dann ging uns die Warterei auf den Keks und wir stiegen ins Dinghy und fuhren rüber an Land mit den Ziel Hard Rock Café Montego Bay. Neu eröffnet, schön angelegt und vom Montego Bay Yacht Club fußläufig in 5 Minuten zu erreichen.

HardRock MoBay

Nach einem leckerem Abendessen gingen wir zufrieden zurück und butscherten mit dem Dinghy zurück zur Sunrise im Ankerfeld.
Das Spätprogramm lieferte die AIDAluna mit einem perfekten Ablegemanöver. Wir befürchteten schon kräftig durchgeschüttelt zu werden, aber die AIDA legte ohne Sog und Schwell fast lautlos ab.

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Discovery Bay – Montego Bay Yacht Club
Wieder einmal erwachen wir morgens anders herum als wir uns abends hingelegt haben – äh, besser gesagt das Boot liegt morgens anders herum an der Ankerkette. Das liegt daran, dass nachts der Wind einschläft oder auch auf die entgegengesetzte Richtung dreht und das Schiff entsprechend der Windrichtung mitdreht. Heute Nacht war es so schwachwindig, daß wir morgens direkt neben uns im Grund den Anker der Sunrise im kristallklaren Wasser sehen können. Das ist erstmal nichts ungewöhnliches, allerdings gefällt uns das Ankerketten-Origami, das sich von oben betrachtet bietet gar nicht: Der schwache drehende Wind hat die Ankerkette nachts kreuz und quer über den Ankergrund gelegt und dabei viele große Steine „umhäkelt“. Die nächste halbe Stunde sind wir damit beschäftigt mittels Bugstrahlruder, sehr feinfühliger Maschinenfahrt und Ankerwinsch die Ankerkette am Seegrund zu enthäkeln. Danach hat Walter keine Lust mehr auf ein weiteres Ankermanöver und setzen die Segel Richtung Montego Bay. Ein schöner Segeltag mit achterlichem Wind erwartet uns. Schon von weitem erkennen wir den int. Flughafen von Montego Bay , bei dem die Jets im 5-Minutentakt direkt über das karibische Meer einschweben und starten. Quasi um die Ecke liegt unser Tagesziel, der Montego Bay Yacht Club, vor dem wir wieder neben einem Kreuzfahrtschiff vor Anker gehen. Den Ankergrund können wir nicht sehen, das Wasser ist sehr trübe. Mal sehen, ob wir den Anker morgen wieder raus bekommen, wir dürfen nämlich morgen an den Steg des ehrwürdigen Montego Bay Yacht Club. Elke verweigert sich am Abend zu kochen und so kommen wir in den Genuss von Goat-Curry (Ziegen-Curry Spezialität in Jamaika) im Yachtclub Restaurant. Schmeckt ganz lecker, aber die vielen Knochen (Ziegenschwanz???) hätten sie wirklich entfernen können.

Direkt nebenan ist das Kreuzfahrt-Terminal

Besuch von der AIDAluna

Besuch von der AIDAluna

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Ochos Rios – Discovery Bay
Wir haben genug von herrenlosen Booten und von der Hafenpolizei im-Kreis-hin-und-her-geschickt-werden und fahren weiter Richtung Montego Bay. Der Planet brutzelt ordentlich und es ist Flaute. Gut, dass es heute nur etwa 20 Meilen sind. Unser Ziel schaut im Hafenführer wenig attraktiv aus: Die Discovery Bay wird seit Anfang der 1970er Jahre zum Verladen des auf den Hügeln oberhalb der Bucht abgebauten Bauxits in 250m lange Hochseefrachter genutzt. Ein Teil der Bucht hat also industriellen Charakter. Der andere Teil jedoch ist überraschend hübsch und wirkt mit seinen kleinen Standabschnitten mit netten Häusern sowie kristallklarem türkisen Wasser typisch karibisch. Auf gut 5m Wassertiefe rasselt der Anker in den sandigen Untergrund und wir liegen sehr gut geschützt im vom Saumriff umgebenen Naturhafen. Toll!

Discovery Bay

Als wir das Dinghi zum Strandausflug herrichten bekommen wir Besuch von einem interessierten Paddler, der seinen Urlaub in einem der Strandhäuser verbringt. Wir kommen ins Gespräch – Steve kommt mit seiner Familie aus Chicago, sein Bruder David, der auch hier ist, aus England. Ehe wir uns versehen sind wir zum Cocktail eingeladen. Im Sinne der guten Völkerverständigung lassen wir uns nicht zweimal bitten und fahren mit dem Dinghi rüber zum Strandhaus. Im hübschen Garten der Urlaubsvilla werden wir vom einheimischen Personal mit perfekt gemixtem Rum-Punsch versorgt. Bei netten Gesprächen tauschen wir uns gegenseitig über das wer-wie-was aus. David muss heute noch zurück nach England, daher verabschieden wir uns nach etwa einer guten halben Stunde.

Steve´s Strandhaus und Privatstrand

Steve´s Strandhaus und Privatstrand

Zurück im Dinghi setzen wir unsere Strand-Erkundungstour fort. Die einheimische Bar erweckt wenig Vertrauen und so beschließen wir nur noch unsere Vorräte an Gemüse kurz im direkt angrenzenden Ort aufzustocken. Der Dreh- und Angelpunkt des Ortes ist die Tankstelle, eine Romhangetse (schwäbisch für Treffpunkt der Jugend) für die Bewohner. Der benachbarte Wholesale hat gerade bankrottiert und räumt seine Regale vollends leer. Rund herum sind Obst- und Gemüsestände. Wir bekommen frische Tomaten, Karotten, Cho-Chos und Vespergurken sowie überreife Bananen. Die Bananen müssen sofort weg und Gerhard beschließt einen neuen Sundowner zu kreieren: Banana-Colada. Bananen werden verdrückt, mit etwas Sodawasser schaumig geschlagen, eine Prise Zimt dazu, etwas Rohrzucker und mit Milch aufgefüllt. Mischungsverhältnis 1 Teil Bananenmus und 3 Teile Milch und das Getränk mit einem kräftigen Schuss braunem Rum gepimpt. Lecker! Ersetzt fast ein Abendessen.

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Ocho Rios
Walter muss sich mit unwilligen und unfähigen Jamaikanern zwecks Schadensregulierung rumschlagen und wird im dritten Anlauf auf heute 14 Uhr vertröstet. Gerhard und ich beschließen nicht auf der Sunrise zu warten bis und ob sich was in dieser Angelegenheit tut, sondern zu den Dunn´s River Falls zu fahren. Die beiden Kreuzfahrtschiffe sind gestern Abend bzw. heute früh ausgelaufen, sodass nicht mit hohem Besuchsaufkommen zu rechnen ist. Wir nehmen ein Routentaxi zu den Falls. 300 Meter tief fließt der Dunn’s River in vielen Kaskaden ins Meer hinab und ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten Jamaikas. Hier kann man über mehrere hundert Meter durch Wasserfall-Kaskaden klettern. Unsere zuvor festgelegte Schmerzgrenze für den Eintritt sind US $ 20,00. Volltreffer, genau das kostet auch der Eintritt. Und wir sind beileibe nicht alleine, der Busparkplatz ist voll und Routentaxis karren im Sekundentakt Kletterwillige an. Wir ziehen uns um und packen alle Klamotten in den wasserdichten Sack (Segler sind vorbereitet) und lehnen ein Schließfach zu US $ 5,00 ab. Wie überall wo Touristen hingebracht werden sind die Anlagen sehr gepflegt und erinnern an einen botanischen Garten. Der Dunn´s River wird in viele kleine Bäche geteilt und fließt durch das Gelände. Nett. Um an die eigentlichen Kaskaden zu kommen, laufen wir dem Mainstream nach und landen am Strand vor einem Stoppschild. Hier wuseln Guides, Fotografen, Souvenir- und Getränkeverkäufer wild durcheinander. Vor dem Strand ankern bereits wieder die von uns verhassten Spaßkatamarane und machen Party und füllen die Gäste ab.
Wir sollen uns in eine Liste eintragen, damit wir der nächsten Wasserfall-Kletterer-Gruppe zugeteilt werden können. Gerhard checkt derweil die Lage und bekommt die Auskunft, dass wir durchaus auch alleine kraxeln dürfen. Gesagt getan, kurz noch aus der Liste austragen lassen und vollends runter zum Strand. Wir staunen nicht schlecht bzw. Gerhard ist kurz davor einen Lachkrampf zu bekommen. Stehen da nicht um die 100 Leute in zwei Reihen und halten Händchen wie im Kindergarten und laufen in Reih und Glied in Richtung der ersten Kaskaden. Wie heißt es schon bei Ice Age: „Wo ist meine Herde??“ Meine Güte, das ist ja so was von lächerlich.

Ringel-ringel-reihen - Kindergarten Dunn`s River

Ringel-ringel-reihen – Kindergarten Dunn`s River

Tschu-tschu-tschu, die Eisenbahn, wer will mit nach Dunn´s River fahrn. Alleine fahren mag ich nicht, da nehm ich mir die .....  mit.

Tschu-tschu-tschu, die Eisenbahn, wer will mit nach Dunn´s River fahrn. Alleine fahren mag ich nicht, da nehm ich mir die ….. mit.

Wir mischen die beiden Gruppen auf, indem wir einfach zwischendurch laufen und gleich mal mittig, statt links und rechts einsteigen. Wir hatten ja bereits an den Reach Falls geübt und waren ziemlich trittsicher, zumal in die Felsen kleine Tritte eingehauen waren. Große Augen bei den Gruppen, die immer mal wieder das Händchenhalten auflösen mussten, da wir ja durch wollten.

Dunn´s River Falls

Dunn´s River Falls

Leider gibt es hier nicht so schöne ausgewaschene Stellen um zu schwimmen wie an den Reach Falls, dafür ist die Strecke viel länger. Ob es empfehlenswert ist? Na ja, es war auf jeden Fall sehr lustig.

P.S. Nach harten und zähen Verhandlungen, auch mit Hilfe der Maritim Police, ist es Walter und Gerhard am späten Nachmittag gelungen vom arroganten und schwerreichen (O-Ton Officer Maritim Police) Eigner der Spaßkatamarane einen Ansprechpartner genannt zu bekommen. D.h. Walter und Gerhard sind einfach im Police Office sitzen geblieben, bis sich der Officer ans Telefon bemüht hat. Zuerst wollte er mit der Angelegenheit nichts mehr zu tun haben und die beiden nach Kingston (also ins Nirwana) zum Head Office schicken, aber getreu nach dem Motto „nix verstehn“ sind die beiden hartnäckig sitzen geblieben und der Assistent des Eigners hat sich ins Police Office bequemt. Wir haben nun eine Art Schadensregulierungsvereinbarung geschrieben und eine Anzahlung bekommen. Falls die Anzahlung für die Reparatur des Schadens nicht ausreicht, sollen wir den Rest überwiesen bekommen. Wer´s glaubt wird seelig! Erst wollten die uns aufzwingen, dass die Reparatur hier gemacht wird – niemals! Nicht in den schon oft zitierten 100 kalten Wintern nicht lassen wir hier die Hand an unser Heim legen!!!

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Kein Spaß in Ocho Rios
Nach einem kurzen Schlag unter Segel von Oracabessa nach Ocho Rios werfen wir im ausgewiesenen Bereich im Hafen von Ocho Rios unseren Anker. Um uns herum sind zwei Kreuzfahrtschiffe, die Celebrity Summit und die Carnival Dream.

Ocho Rios, Sunrise vor Anker

Ocho Rios, Sunrise vor Anker

Die Massen kehren zu den Kreuzfahrtschiffen zurück und die Spaßkatamarane, die die Gäste zum Bespaßen in die nächste Badebucht fahren sind leer. Die Besatzung scheint auch im Kopf leer gesaugt zu sein, auf jeden Fall fährt die Reggae Baby II ein hirnloses Manöver und rammt uns vor Anker liegend gegen 16:30 Uhr am Heck.

Upps, Vollpfosten - da lag ja die Sunrise vor Anker!

Upps, Vollpfosten – da lag ja die Sunrise vor Anker!

Walter und Gerhard sitzen im Cockpit und versuchen noch durch Rufen die Crew auf das Desaster aufmerksam zu machen – zu spät. Es rummst und die feste Seereling über der Solarpaneel hat einen Knick und drei Relingsstützen sind verbogen.

Verbogene Seereling auf der Sunrise - verursacht durch Vollpfosten-Spaß-Katamaran Reggae Baby II 2007

Verbogene Seereling auf der Sunrise – verursacht durch Vollpfosten-Spaß-Katamaran Reggae Baby II 2007

Großes Palaver auf dem Spaßkatamaran. Walter lässt sich auf keinerlei Diskussion ein und ruft den Port Kapitän auf Funk an. Der erscheint sehr schnell und nimmt Walter mit zur Marine Police. Dort werden die Daten aufgenommen und der Eigner der Spaßkatamarane wird verständigt. Walter verweigert eine Reparatur vor Ort in Jamaika und wird sich morgen zusammen mit dem Portkapitän mit dem Eigner in dessen Büro zur Schadensregulierung treffen. Wenn eine Reparatur, dann nur in Curacao bei den Fachleuten. Hier in der Region gibt es nichts Vertrauenswürdiges. Abwarten was morgen rauskommt. Auf jeden Fall haben wir gerade echt wenig Lust auf Jamaika und seine bekifften Reggae-Jünger.

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Port Antonio – nach Oracabessa
Es wird Zeit Port Antonio adieu zu sagen. Ja, wir lagen sehr sicher (und teuer) in der Marina, hatten heiße Duschen und funktionierende Waschmaschinen, aber nun reicht es uns. Unerträglich ist die Beschallung an den Wochenenden aus allen Richtungen. Kein Reggae, nein nur gemixter Krach. Hin und wieder konnte ein Klassiker wie z.B. Whitney Houston, herausgehört werden, aber die Musik wurde vom DJ schlicht und ergreifend überschrien. Wie gesagt, am Wochenende ist Port Antonio unerträglich laut, bis in die Morgenstunden – sofern nicht sintflutartige Regenfälle einsetzen. Ab zwei Uhr morgens haben wir um Regen gebetet.
Nun ankern wir vor dem James-Bond-Beach in Oracabessa. Die Nacht war herrlich ruhig, wenig Wind und nur wenig Schwell. Wobei bei Wind aus N und NE hier nicht sicher geankert werden kann. Wir haben momentan sehr wenig Wind aus SE und liegen sicher. Das Resort hinter dem James-Bond-Beach wirkt wie ausgestorben. Am Strand konnten wir gestern Nachmittag fünf Personen ausmachen, nach Sonnenuntergang waren die Lichter aus – Totentanz. Nur von der nahen Straße kommt der Verkehrslärm, aber ab Mitternacht ist auch die Straße ruhig.
Wir blieben vor fliegenden, schwimmenden und paddelnden Händlern verschont. Einerseits gut aber andererseits hatten wir gehofft, dass ein Fischer längsseits kommt und uns fangfrischen Fisch anbietet. Leider kam keiner, hier ist absolut nichts los und mit dem Dinghy an den Strand rüber wollen wir nicht. Uns hat Oracabessa landseitig genügt – da gibt`s nichts außer den üblichen Hütten mit Jerk-Chicken und dem unvermeidlichen Wholesale, wo es vom Dosenfutter bis zur Zahnpasta alles gibt und einige Marktstände mit Obst und Gemüse.

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Gastbeitrag von Gerhard
Stuttgart-Frankfurt-Montego Bay – diesmal alles nach Plan und ohne „Special Events“. So wird eigentlich ätzendes Flug-Reisen erträglich.
Elke & Walter holen mich am Flughafen in MoBay ab und nach ein paar Stunden auf kurvenreicher Küstenstraße erreichen wir Port Antonio. Es ist Wochenende und damit DAS wöchentliche Highlight für die Jamaikaner: Rund um den Hafen machen sich die Clubs in Sachen lautstark verrapter, scheußlicher Musik Konkurrenz. Der einsetzende Platzregen weit nach Mitternacht unterbreitet dem Getöse ein Ende und so ist doch noch an ein paar Stunden Schlaf zu denken.

Gerhard sucht Stauraum

Gerhard sucht Stauraum

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg zu den Reach Falls. Bei leichtem Regen klettern und schwimmen Elke und ich durch die natürliche Pool-Landschaft. Ein schönes und abwechslungsreiches Erlebnis. Auf dem Rückweg machen wir hungrig in Boston Bay halt und ergattern bei einem Imbiss zwei Portionen „Jerk Chicken“ – feurig mariniertes Hähnchen. Sogar der Hund neben unserem Mietwagen scheint die feurige Würze gewöhnt zu sein und macht sich über die Reste her.

Jamaika Ost

Jamaika Ost

Liebe Grüße an Fleur - leider darf Puppy nicht mit nach Hause

Liebe Grüße an Fleur – leider darf Puppy nicht mit nach Hause

Jamaika_9

Kingston zieht uns magisch an. Nicht weil die Stadt besonders sehenswert ist, nein sie ist zwar interessant, aber definitiv kein Highlight. Dafür ist sie zu chaotisch, zu stinkig und zu laut.

Heimatliche Gefühle in Kingston

Heimatliche Gefühle in Kingston

Der Grund unseres heutigen Ausflugs war, dass wir einen Termin beim kubanischen Konsulat hatten um unser Touristenvisa abzuholen. Hat alles wunderbar funktioniert, nach 20 Minuten hatten wir das Papier in den Händen. Zum Supersonderpreis von 2100 JMD, ca. 17 US $ pro Visa. Den Tipp das VISA hier zu holen hatten wir von Birgit und Bernd. Gerüchteweise verlangen die Kubaner vor Ort momentan 75 US$ pro Nase. Da rechnet sich schon fast ein Mietwagen! Den hatten wir eh, weil wir nach Montego Bay mussten um unseren Besuch aus Deutschland am Flughafen abzuholen. So haben wir nur einen Umweg quer über die Insel und anschließend längs durch die Insel gemacht. Walter ist mittlerweile ein unerschrockener Linksfahrer, selbst die Helldriver-Taxis müssen sich ranhalten um uns zu überholen!

Montego Bay Sunset

Montego Bay Sunset

Von Montego Bay haben wir noch nicht viel gesehen. Die komplette Küste ist mit exklusiven Hotelanlagen zugepflastert, echt schwierig an den Beach zu gelangen. Mangels Alternativen sitzen wir aktuell (21 Uhr) am Hotelpool und essen Salzbrezeln aus der Tüte und trinken ein Bier, das wir gegenüber im Supermarkt geholt haben. Unser Hotel hat leider keinen eigenen Strandzugang und die Poolbar hat zu. Wird Zeit dass wir die Küste von See kommend erkunden!

MoBay Strand vom Hardrock Café

MoBay Strand vom Hardrock Café

Jamaika_8

Zweiter Tag in Kingston
Pünktlich um 10 Uhr morgens holen wir unseren Guide Matthias in den Bergen über Kingston ab. Wir haben noch nicht gefrühstückt und unser Magen hängt auf halb Acht. Wir bekommen nur einen Kaffee in einem Einkaufszentrum. Mehr gibt es zunächst nicht, weil wir sonst mit unserem Kingston-Programm nicht durchkommen. Matthias hat seine Rastafari-Oasen, die er uns zeigen möchte. Das Hauptaugenmerk unser Tour mit ihm liegt auf der Rastafari-Kultur und auf der Geschichte der Reggae Musik. Die erste Oase die wir ansteuern ist ein Bio-Markt, der von Rastafaris betrieben wird und vegane und vegetarische Pasteten und Nahrungsmittel anbietet. Wir essen alles! Es ist mittlerweile fast 12 Uhr und wir haben tierischen Hunger. Die Vollkornteigpasteten mit Ackee-Bohnen und Gemüsestreifen gefüllt schmecken wirklich richtig gut. Ackeebohnen und Saltfisch sind das klassische jamaikanische Frühstück, aber wir sind uns einig, die Vegetarier so wie so, dass wir auf den Saltfisch verzichten. Weiter geht es zu den Legenden der Reggae Musik, zu Earl Chinna Smith in Inna de Yard,

Earl Chinna Smith (Gitarrist der Bob Marley Band) und sein Nebelsaxophon

Earl Chinna Smith (Gitarrist der Bob Marley Band) und sein Nebelsaxophon

zu den alten Rastafaris Bongo Trevor und Brother Slim im Stadtviertel Trenchtown.

Bongo Trevor und Brother Slim (the three lions)

Bongo Trevor und Brother Slim (the three lions)

Ohne die Begleitung von Matthias wäre es uns in hundert kalten Wintern nicht in den Sinn gekommen auch nur einen Fuß in dieses Stadtviertel zu setzen. Matthias kennt seine Leute und die passen für eine Flasche Bier oder für 100 JAM Dollar verlässlich auf unseren Mietwagen auf. Mitten in Downtown hat eine Künstlerinitiative beschlossen die Häuser zu bemalen und ein ganzer Straßenzug ist nun eine OpenAir Kunstgalerie.

Fleetstreet Graffity

Fleetstreet Graffity

Kunst am Bau

Kunst am Bau

Die LiveYard Family hat ein Gebäude übernommen und bietet den Schulkindern des Quartiers Frühstück und Mittagessen mit Betreuung an. Im Hinterhof des Gebäudes, eher der Wellblechhütte, haben sie einen Lehrgarten und bauen Gemüse an und ernten Brotfrucht, Mangos und Kokosnüsse. So sehen die Kinder, dass es möglich ist, sich selbst zu verpflegen.

Unterricht in Downton Kingston

Unterricht in Downton Kingston

In diesem Klima wächst Alles und mit ein bisschen Eigeninitiative kann man die Familie fast selbst ernähren. Bisweilen entsteht der Eindruck, dass die Einheimischen nur die Früchte nutzen, die ohne ihr Zutun selbst vom Baum fallen. Die Initiative fördert ein Umdecken bei den Kindern und das ist begrüßenswert.

Weiter ging es zum Ward Theater in Kingston. Ein altes Theater mit 800 Plätzen im viktorianischen Stil, leerstehend und seit Jahren nicht mehr bespielt. Die Türen sind offen und am Infodesk spielen zwei alte Männer seit Jahren Karten. Wir können uns frei bewegen, sogar das Licht funktioniert noch. Jammerschade dass für die Instandsetzung kein Geld da ist.

Ward Theater in Kingston

Ward Theater in Kingston

In der Nähe des Theaters ist der älteste Plattenladen und das älteste Aufnahmestudio Jamaikas. Matthias führt uns rein und wir sehen hunderte von Singles und LPs ( für die jüngere Generation: das sind so runde Vinylscheiben, auf denen die Musik drauf war) eine Hammond B 3 Orgel, eine 8-Spur-Bandmaschine, Grundig-Mikrofone u.v.m. In den 70iger Jahren verlassen und seitdem unverändert.

Mattias und Bernd vor der Hammond

Mattias und Bernd vor der Hammond

ältester Plattenladen der Karibik

ältester Plattenladen der Karibik

Die größten Aufnahmestudios befanden sich damals in der Orangestreet – heute auch alle verlassen und verfallen. Zur Stärkung führt uns Matthias in einen Hinterhof zwischen einem Beerdigungsinstitut und einem verlassenen Plattenladen. Hier bekommen wir einen bunten Vegi-Teller mit Bohnen, Kichererbsen, Linsen, Süßkartoffeln, Brotfrucht und sonstigen undefinierbaren Zutaten nach der Ernährungsweise der Rastafaris. Zuvor jedoch müssen wir einen Aperitif in Form einer Kräuteressenz (ohne Alkohol) zu uns nehmen. Pflichtprogramm, weil sonst der Körper nicht genügend Verdauungssäfte zur Verfügung stellt. Uns rollt es eher die Fußnägel auf, als dass die Körpermitte reagiert. Sei es drum, der Bauch ist voll und die Grundlage für die erhofften Abend Red Stripes ist gelegt. Wir müssen das Konterprogramm jetzt endlich anfahren und begeben uns zum Bob Marley Museum, wo die große Geburtstagsparty (posthum) stattfindet. Der Mietwagen wird am Guesthouse geparkt und der Vermieter kurzerhand davon überzeugt, dass es eine gute Tat ist, uns mit seinem Auto zum Museum rüber zufahren. Dort angekommen ist die Party schon voll im Gange und wir stellen uns zuerst in die Schlange vor dem Red Stripes Stand! Konterprogramm in Form von Bier. Auf der Bühne treten im Halbstundentakt verschiedene lokale Künstler auf und machen eindrucksvollen Krach. Wir verziehen uns auf dem weitläufigen Gelände in eine ruhigere Ecke, trinken unser Bier und schmieden Pläne.

Konzert im Bob Marley Museum am 06.02.2017

Konzert im Bob Marley Museum am 06.02.2017

Als Highlight sind die Marley-Kinder angekündigt. Also nicht alle 46, sondern nur 4 davon, nämlich Steven, Damian, Julian und Ky-Mani. Einige sind leibliche Kinder, andere hatte er anerkannt und weitere nicht. Er ist zu früh verstorben und genaues weiß man nicht. Wir warten bis nach Mitternacht und die Kinder, mittlerweile ja auch um die 50 Jahre alt, erscheinen auf der Bühne und machen …. nur Krach. Enttäuschung bei uns. Der Reggae Rhythmus kommt zwar durch, aber es hört sich nach Rap vermixt mit Reggae an. Für unsere Ohren untragbar und wir verlassen das Heiligtum. Ein Taxi fährt uns zurück zum Guesthouse. Das Guesthouse war grenzwertig, wenigstens die Bettwäsche roch frisch gewaschen und wir haben die Hoffnung, dass wir keine Krabbeltierchen mitgebracht haben.