Geisterbahnfahrt 36 Seemeilen

Wir fahren heute von Portosin nach Sanxenxo. Das sind ca. 36 Seemeilen. Um 10:00 Uhr verlassen wir den Hafen und steuern aus der Ria de Muros in Richtung freies Wasser. Es ist bedeckt, der Morgennebel hat sich noch nicht aufgelöst und hängt als Vorhang 50 – 100 Meter über der Bucht. Der angekündigte Nordwind hat sich noch nicht durchgesetzt und so motoren wir durch die Bucht. Alles ist erledigt, Fender und Leinen verstaut der Kurs liegt fest, alles ist ruhig. Das ist nun genau eine dieser Situationen, in denen im Kopf von Elke dieser kleine Mann mit dem Goldhämmerchen auf eine Synapse einhämmert und diese die Sprechorgane einen Satz bilden lässt wie z.B. “ Du könntest doch mal prüfen, ob das Radargerät noch richtig funktioniert“! Ich hatte gerade meinen Kreislauf nach dem Ablegemanöver wieder in den Slow-motion Modus gebracht und war auf eine längere hingeflätschte Motorfahrt eingerichtet, als mich dieser eindeutige Konjunktiv erreichte. Nach der Erfahrung aus dem Ärmelkanal konnte ich jedoch die Notwendigkeit dieser Ansage verstehen. So wurde die Antenne hochgefahren und das Radar in den Senden Modus eingestellt. Alles funktionierte auf Anhieb und wir konnten mit dem Gerät mal ohne Stress arbeiten. Nach einer halben Stunde „ Radareinweisung“ hatten wir alle wichtigen Funktionen durch, das Radar arbeitete problemlos und wir schalteten das Gerät ab. Zwischenzeitlich hatten wir offenes Wasser erreicht der Wind war jedoch immer noch zu schwach. Da meldete sich wieder das kleine Männchen mit dem Goldhämmerchen. Dieses Mal wollte es mit dem Parasailer (120 m² Leichtwindsegel) spielen. Gott sei Dank hatte ich die ganzen Umlenkrollen und Schoten nicht vorbereitet und als wir noch diskutierten nahm der Wind auch plötzlich zu. Jedoch nicht aus Nordost sondern aus Südsüdwest. Da wir nach Südost unterwegs waren, ergab sich somit ein Amwindkurs der uns zwar nicht ganz auf unsere geplante Route brachte, aber immerhin noch segelbar war. Groß und Genua wurden voll gesetzt und die Sunrise zog mit 6-7 Knoten durchs Wasser. Aber leider nicht sehr lange, denn der Wind legte ordentlich los und wir mussten zunächst das Großsegel und später dann auch die Genua reffen. Zudem trieb uns der Wind in eine noch nicht definierbare Wand. Gewitterfront oder nur Regen oder doch gar Nebel? Nebel und zwar pottendicht. Schnell ließ der Wind im Nebel wieder nach, genauso schnell wurden die Segel wieder weggerollt und das Radargerät eingeschaltet. Wie gut, dass wir unser eben erst aufgefrischtes Wissen in die Praxis umsetzten konnten. Gefühlt war die Sichtweite eine Handbreit um das Schiff herum, dann begann die Wattelandschaft—alles gut verpackt! Viele Fischer kreuzten unseren Kurs, einige haben kein AIS und sind somit nur über das Radar zu sehen. Fast die ganze Strecke hatten wir mal mehr mal weniger dicke Nebelbänke zu durchfahren, erst auf den letzten 10 Seemeilen kam der Wind zurück und der Nebel lichtete sich etwas. So konnten wir sogar noch ein paar Meilen segeln, waren mit dem Segeltag versöhnt und der kleine Mann im Kopf mit dem Hämmerchen auch.